Die Erinnerung an den Holocaust ist eine zentrale moralische Verpflichtung unserer Zeit. Doch sie wird nicht nur als Mahnung, sondern auch als politisches Instrument genutzt – mit weitreichenden Konsequenzen. Das sagt die Organisation „Jewish Call for Peace – Lëtzebuerg“, die am kommenden Samstag einen Konferenz-Zyklus zu diesem ganz besonders sensiblen Thema organisiert. Drei Referentinnen – eine Journalistin und zwei Hochschulprofessorinnen – debattieren darüber, wie Erinnerungspolitik gelenkt wird, welche Stimmen in der Debatte marginalisiert werden und welche Rolle die Shoah in geopolitischen Diskursen spielt. Die Veranstaltung hätte ursprünglich in Neimënster stattfinden sollen. „Nach einer ersten Zusage kam dann aber plötzlich eine Absage, die wir uns nicht so richtig erklären können“, sagt Martine Kleinberg auf Nachfrage des „Luxemburger Wort“. „Das Thema sei nicht mit den Werten des Kulturzentrums Neimënster vereinbar, wurde mir mitgeteilt.“ Martine Kleinberg ist Gründerin von „Jewish Call for Peace – Lëtzebuerg“. Die Vereinigung hat mittlerweile einen neuen Saal für ihre Konferenz gefunden, die Culture Bar in Clausen, 61, Rue de Clausen. „Es braucht nicht besonders viel Druck, um Veranstaltungen wie diese zu verhindern“, meint Martine Kleinberg.Martine Kleinberg hat „Jewish Call for Peace – Lëtzebuerg“ gegründet, eine Vereinigung in der auch jüdische Stimmen ihre Meinung über die Politik in Israel zum Ausdruck bringen können. Foto: Laurent SturmEs fällt aber bestimmt auch nicht leicht, Kritik an der Shoah-Gedenkkultur zu erheben. Der Holocaust werde in manchen Kontexten dazu herangezogen, bestimmte politische und wirtschaftliche Agenden zu legitimieren, während gleichzeitig die Anliegen von Holocaust-Überlebenden und anderen unterdrückten Gruppen in den Hintergrund gerieten, schreibt „Jewish Call for Peace“ auf ihrer Webseite.Dass aber offene Kritik an Israel nicht geduldet wird, das bekam eine der drei Referentinnen zu spüren. Nurit Peled-Elhanan, Autorin mehrerer Bücher über den anti-palästinensischen Diskurs in den Schulen Israels, hatte sich in einem Gruppen-Chat der Hebräischen Universität Jerusalem kritisch zum Krieg in Gaza geäußert und wurde daraufhin entlassen. Zu einer offenen Kritikerin der israelischen Besetzung des Westjordanlands und des Gazastreifens war sie nach dem gewaltsamen Tod ihrer 13-jährigen Tochter bei einem Selbstmordattentat in Jersusalem im Jahr 1997 geworden. Peled-Elhanan ist übrigens Trägerin des Sacharow-Preises für Menschenrechte des Europäischen Parlaments.Die israelische Reporterin Amira Hass, Tochter von Holocaust-Überlebenden, arbeitet für die israelische Tageszeitung „Haaretz“. Sie wurde am 6. März 2003 mit dem Weltpreis für Pressefreiheit der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur/Guillermo Camo ausgezeichnet. Foto: Getty ImagesDass aber offene Kritik an Israel nicht geduldet